Werbung verstehen – psychologische Prozesse und Mechanismen
Ab Herbst 2023 unterrichtet Prof. Dr. Nina Tobler Werbepsychologie im CAS Angewandte Psychologie für Strategie, Kommunikation und Marketing. Im Interview verrät sie, welche Schwerpunkte sie im Unterricht setzt und worauf sie sich besonders freut.
Nein, leider nicht. Nur weil ich die Prozesse hinter der Werbung verstehe, bin ich nicht automatisch immun dagegen. Wenn man Medizin studiert hat, heisst das ja auch nicht, dass man deswegen nicht krank wird. Ich bin immer noch empfänglich für Werbung, und ich weiss lustige Werbung sehr zu schätzen!
Werbung ist stets eine Botschaft mit einem Ziel. Die Werbepsychologie untersucht, wie diese Botschaft auf Konsument*innen wirkt, wie sie erlebt wird und wie sie das Verhalten beeinflusst. Davon kann man ableiten, was wirkt und was nicht. Also: Wie man erfolgsversprechende Werbung gestalten kann und soll.
«Nur weil ich die Prozesse hinter der Werbung verstehe, bin ich nicht automatisch immun dagegen».
Bei Werbung geht es immer darum, ein Verhalten oder eine Einstellung zu beeinflussen. Man muss also verstehen, wie Menschen zu ihren Einstellungen und ihrem Verhalten kommen und wie sie sich dazu bewegen lassen, sie zu verändern. Im Kurs Werbepsychologie lernen die Weiterbildungsteilnehmenden deshalb die Mechanismen von Einstellungsveränderungen kennen: Wie Einstellungen gebildet werden, wie man sie verändert und wie sie das Verhalten beeinflussen. Ich vermittle ihnen aber auch die grundlegenden, relevanten Aspekte der Werbung wie Quelle, Botschaft, Medium und Empfänger, und welche Art der Botschaft sich für welches Ziel eignet. Also Modelle und Erkenntnisse, wie man Werbung erfolgreich gestalten kann. Dazu gehört auch, dass man die Grundsätze versteht, wie Menschen Informationen verarbeiten und wie sie dies beeinflusst.
Einerseits indem ich aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung sowie viele konkrete Beispiele einbringe. Andererseits indem die Teilnehmenden selbst aktiv werden: Beispielsweise indem sie eine Werbung analysieren, die sie beeinflusst hat, oder indem sie in Gruppenarbeiten für ein Produkt oder eine Dienstleistung eine Werbung entwerfen. Es geht darum, das Gelernte anzuwenden, einander Feedback dazu zu geben und eine Diskussion dazu entstehen zu lassen.
Ja. Ein aktuelles Beispiel ist eine Studie zu Anti-Littering Massnahmen. Dabei geht es darum, mittels einer Kampagne das Verhalten der Menschen zu verändern – also, dass sie nicht mehr littern. Aufgrund der bestehenden Erkenntnisse machen wir Empfehlungen und analysieren die Wirksamkeit der Kampagne.
«Mein Ziel ist, dass die Weiterbildungsteilnehmenden ihre Expertise in Marketing und Kommunikation mit dem psychologischen Background kombinieren».
Mir geht es darum, dass die Weiterbildungsteilnehmenden die psychologischen Prozesse begreifen, die Mechanismen verstehen und beurteilen können, ob sie funktionieren oder nicht. Um beim Littering-Beispiel zu bleiben: In manchen Kampagnen wurde anhand von gesammeltem Abfall aufgezeigt, wie viel an einem Ort bereits gelittert wurde. Dadurch vermittelte man den Leuten die soziale Norm, dass hier viele Menschen littern, es also völlig normal ist. Damit bewirkte man genau das Gegenteil von dem, was man eigentlich beabsichtigte.
Mein Ziel ist, dass die Weiterbildungsteilnehmenden ihre Expertise in Marketing und Kommunikation mit dem psychologischen Background kombinieren. Der Kurs soll sie sensibilisieren und ihnen ein Verständnis für die psychologischen Prozesse hinter der Werbung vermitteln. Auch wenn nicht alle Teilnehmenden das Gelernte direkt im Arbeitsalltag anwenden können: Wir alle sind täglich Werbung ausgesetzt und das Wissen dazu ermöglicht uns einen Blick hinter die Kulissen der Werbung.
Ich schätze vor allem die alltags- und praxisnahen Diskussionen mit den Weiterbildungsteilnehmenden. Die Beispiele aus ihrer Arbeitsrealität finde ich jeweils sehr bereichernd. Ich selbst bemühe mich auch, den Kurs alltagsnah und nicht zu theorielastig zu gestalten. Theorien sind wichtig, aber es geht nicht darum, diese auswendig zu lernen, sondern darum, die Prozesse zu verstehen. Ein weiterer Vorteil des CAS ist, dass sich die Teilnehmenden innerhalb der Klasse kennen. Dadurch finden Diskussionen in einem vertrauten Ambiente statt. Das schätze ich sehr!
Prof. Dr. Nina Tobler ist seit 2022 Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW. Ihre Kompetenzschwerpunkte sind Konsumentscheidungen und -psychologie sowie Nachhaltigkeit und Konsumverhalten. Nina Tobler ist Co-Programmleiterin im CAS Angewandte Psychologie für Strategie, Marketing und Kommunikation.