Bewährtes fortführen, dazulernen und neue Aufgaben übernehmen
Professionalisierungsprozesse in Praxisorganisationen einleiten, konstruktiv begleiten und deren Weiterentwicklung bei Neueinstellungen gezielt fördern – dafür qualifiziert das neu konzipierte CAS-Programm Praxisausbildung und Einstiegsphasen von neuen Mitarbeiter*innen begleiten.
Praxisausbildung im Bachelor-Studium an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW
Studierende der Sozialen Arbeit verbringen rund einen Drittel ihrer Ausbildung in der Praxis. Sie werden während ihrer Tätigkeit in den Praxisorganisationen von anerkannten Praxisausbildenden angeleitet. Für die Anerkennung ist eine Zusatzqualifikation nötig, die angehende Praxisausbildende kostenlos an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW erlangen können, wenn sie Studierende der Hochschule begleiten (Fachkurs 1).
Das etablierte Weiterbildungsformat «Basiskurs Praxisausbildende» (neu Fachkurs 1) vermittelt weiterhin Kompetenzen, um Studierende als Praxisausbildende zu begleiten. Er ermöglichte bisher als 10-tägiger Aufbau zum CAS eine Vertiefung dieser anspruchsvollen betrieblichen Begleitungsrolle. In der Praxisausbildung können so elementare Professionalisierungsprozesse durch Praxisausbildende mit angebahnt werden. Die eigene professionelle Identität formt und verfestigt sich jedoch erst bei Berufseinstieg oder Stellenwechsel konkret. Genau für diese Phase wurde nun ein separater zweiter Fachkurs entwickelt. Er befähigt mit erweiterten und aufbauenden Kompetenzen für die Begleitung und organisationale Vernetzung von neuen Mitarbeitenden in den ersten Monaten. Im Interview erklären die beiden Leiter, Prof. Dr. Stephan Kösel und Pascal Engler, warum der CAS damit noch attraktiver ist.
Praxisorganisationen bieten wir unverändert mit über 120 Kursplätzen pro Jahr und der nun Fachkurs 1 Praxisausbildende in der Sozialen Arbeit genannten 15-tägigen Weiterbildung die Doppelqualifizierung für ihre Praxisausbildenden an, mit der sie schweizweit sowohl FH- wie HF-Studierende begleiten können.
Neu ist, dass wir mit dem Fachkurs 2 Begleiten von Einstiegsphasen neuer Mitarbeiter*innen in der Sozialen Arbeit einer Entwicklung Rechnung tragen, die sich in der teilweise sehr hohen Fluktuation in den Organisationen zeigt, bei denen gleichzeitig auch die Herausforderungen und Potenziale von Einstiegsphasen häufig nicht aufgegriffen werden können. Der Fachkurs 2 bereitet explizit auf diese delegierte (Ein)-Führungsaufgabe und eine entsprechende neue betriebliche Aufgabe vor.
Beiden Fachkursen und damit dem CAS gemeinsam ist der Ansatz der Peer-Begleitung, um in einer Doppelrolle als Mitarbeitende und Begleitende die jeweiligen Professionalisierungspotenziale gezielt ansprechen zu können. Die eigene professionelle Entwicklung spielt sich nie im «luftleeren Raum» ab, sondern immer im jeweiligen konkreten organisationalen Umfeld. Wir legen deshalb Wert darauf, dass die Teilnehmenden in beiden Fachkursen lernen, über eine tragfähige Arbeitsbeziehung mit Studierenden und neuen Mitarbeitenden konkrete, sinnvolle und machbare Entwicklungsaufgaben und -wege zu erarbeiten.
Der bisherige CAS Praxisausbildende hat «nur» für die eine betriebliche Funktion – Studierende begleiten – qualifiziert. Im neuen Fachkurs 2 können die Teilnehmenden dieses Wissen für eine weitere Zielgruppe neue Mitarbeitende ergänzen und mit dem CAS in der Organisation eine neue betriebliche Aufgabe übernehmen, (Ein-)Führungserfahrung sammeln und sich damit einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt sichern. Ein weiteres Plus ist, dass der Fachkurs 2 auch einzeln, ohne Fachkurs 1 besucht werden kann.
Sie werden dahingehend geschult, neue Mitarbeitende sowohl inhaltlich in die Organisationspraktiken einzuführen wie auch einen damit verbundenen Professionalisierungsprozess zu begleiten. Für diese Aufgabe erwerben sie Grundlagenwissen zu verschiedenen Themen wie Führung, Organisationales Wissen und Praktiken, professioneller Habitus und professionelle Identität. Sie lernen, ein passendes Einstiegskonzept für die Organisation und Mitarbeitenden zu erstellen, aus dem hervorgeht, welche Akteur*innen wann, wie und wodurch die Einstiegphasen mitgestalten. Zudem erhalten sie Fachwissen, wie neue Mitarbeitende ihre Expertise mit dem oft impliziten Organisationalen Wissen in eine förderliche Beziehung setzen können – nicht zuletzt durch ein eigenständiges Methoden-Modul, in dem praktisch anwendbare Tools ausprobiert werden.
Neben der bekannten Rolle als Praxisausbildende eröffnen sich innerbetrieblich Anschlussstellen für übergeordnete Schnittstellenarbeit ohne direkt in einer Führungsposition (Teamleitung, Abteilungsleitung etc.) sein zu müssen. Gerade vor dem Hintergrund neuer Organisationsverständnisse von aufgaben- und projektbezogener versus stellenbezogener Arbeitsorganisation eröffnen sich Perspektiven, sich durch den CAS in der eigenen Praxisorganisation mit neuer Expertise (anders) zu vernetzen. Für die eigene Berufsbiografie bietet der CAS die Chance, eine erste ECTS-Weiterbildung vorweisen zu können. Und Teamleitende, Einrichtungsverantwortliche erhalten ihrerseits für diese wichtige Personalentwicklungsaufgabe in überschaubarer Zeit eine mass-geschneiderte Weiterbildung – ohne einen zeitaufwändigeren CAS oder «nur» einen 2-tägigen Fachkurs zu absolvieren.
Praxisausbildende kennen aus ihrer Doppelrolle Mitarbeitende und Begleitende zu sein, Herausforderungen, Konzepte und Methoden und wissen, wie diese in der eigenen Organisation miteinander verknüpft werden können. Neue Mitarbeitende bringen wiederum ihre «Relationierungsgeschichte» mit. Dass idealerweise Praxisausbildende solche personellen und organisationalen Schnittstellenfunktionen einnehmen und damit zwischen Organisation und neuem Mitarbeitenden «dolmetschen», ist sinnvoll und naheliegend. Sie können ihren «Methoden-Koffer» aus dem Fachkurs 1 nahtlos adaptieren und mit den neuen spezifischen Tools für diese neue Aufgabe erweitern.
Einstiegsphasen werden von Mitarbeitenden und Organisation ernst genommen und intern gibt es jemanden, der sich spezifisch geschult darum kümmert. Dabei wird eine evolutionäre, entwicklungsorientierte Sichtweise eingenommen. In diesem offenen Klima von gegenseitiger Ergänzung und Anregung, aber auch Reibung und Abstimmungen können bestehende Handlungsmuster und -zwänge sensibler überprüft und insbesondere neue Optionen mit bestehenden und neuen Mitarbeitenden entwickelt werden.
Herzlichen Dank für das Gespräch!