Wie ergänzen Online-Kanäle die Beratung in der Sozialen Arbeit?
Smartphones und das Internet ermöglichen uns, orts- und zeitunabhängig miteinander zu kommunizieren. Für die Beratung in der Sozialen Arbeit besitzen die neuen Kommunikationskanäle grosses Potenzial. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile der Kanäle systematisch miteinander zu kombinieren. Dieser Vorgang heisst «Blended Counseling».
Beratung in der Sozialen Arbeit findet nicht mehr nur im persönlichen Gespräch statt. Moderne Kommunikationskanäle wie E-Mail, WhatsApp oder Online-Sprechstunden erweitern heute die Palette des Angebots. Um die Beratung auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Klientinnen und Klienten anzupassen, ist es sinnvoll, die alten und neuen Kommunikationskanäle systematisch miteinander zu verbinden. Diese gezielte Kombination der Beratungskanäle wird «Blended Counseling» genannt. Sie ist in der Praxis allerdings erst ansatzweise anzutreffen.
In einer Studie fand das Projektteam der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW heraus, dass der bisherige Einsatz von neuen Kanälen je nach Handlungsfeld unterschiedlich ausfällt. Zugleich variieren auch die Chancen und Herausforderungen von «Blended Counseling» in den verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit.
WhatsApp als Herausforderung in der Schulsozialarbeit
In der Schulsozialarbeit spielt WhatsApp zur einfachen Kontaktaufnahme für die Schülerinnen und Schüler eine grosse Rolle. Der Gebrauch von virtuellen Kanälen gehört zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen dazu. Allerdings stellen sich Datenschutzfragen und zudem ist die Schulsozialarbeit durch die bestehende räumliche Nähe zu den Jugendlichen weniger auf den erleichterten Zugang über onlinebasierte Kanäle angewiesen.
Online-Angebote erleichtern den Zugang zur Suchtberatung
Ganz anders sieht es in der Suchtberatung aus. Wegen Angst und Schamgefühlen fällt es suchtkranken Menschen oft schwer, sich Hilfe zu holen. Durch die einfache Kontaktaufnahme und die Möglichkeit der Anonymität über virtuelle Kanäle senkt sich die Zugangsschwelle zur Beratung. Seit einigen Jahren gibt es das Onlineportal SafeZone, auf dem Ratsuchende über Chats, Forenbeiträge oder Online-Sprechstunden Hilfe von Fachpersonen aus der ganzen Schweiz erhalten. Das Online-Angebot und die Beratung vor Ort in Suchtberatungsstellen bestehen bisher nebeneinander, ohne technisch und konzeptionell miteinander verknüpft zu sein. Hier gibt es erste Ideen für ein «Blended Counseling», indem der Klient oder die Klientin von der Online-Beratung zu einem ambulanten Angebot vor Ort bei derselben Beratungsperson wechselt. Denkbar ist auch, dass persönliche Beratungsgespräche mit onlinebasierten Tools angereichert werden, um den Beratungsprozess flexibler und intensiver zu gestalten.
Beratung in Sozialen Diensten
Im Handlungsfeld Soziale Dienste ist Beratung eher wenig sichtbar, da administrative Aspekte grosses Gewicht haben. Hier gilt es zunächst zu klären, wo Beratung stattfindet und wie diese durch die Kombination verschiedener Kanäle zu einem «Blended Counseling» weiterentwickelt werden kann. Wenn virtuelle Kommunikationskanäle eingesetzt werden, muss gerade in diesem Handlungsfeld dem Datenschutz eine hohe Aufmerksamkeit entgegen gebracht werden.
Grosses Potenzial für die Zukunft
«Blended Counseling» in der Sozialen Arbeit verfügt über ein grosses Potenzial: durch die Anonymität von Online-Kanälen und die orts- und zeitunabhängige Möglichkeit der Kontaktaufnahme senkt sich die Zugangsschwelle zur Beratung. Der Einsatz von verschiedenen Kommunikationskanälen entspricht dem Bedürfnis und der Lebenswelt der Klientinnen und Klienten. Ausserdem lassen sich damit Beratungsprozesse flexibler gestalten.
In einem neuen Projekt «Face-to-Face und mehr» entwickelt, erprobt und evaluiert die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW mit Praxispartnerinnen und -partnern verschiedene «Blended Counseling»-Szenarien für die Suchtberatung.