Wie werden Organisationen digital fit?
Klein- und Kleinstorganisationen im Schweizer Sozialbereich fehlen oft die Ressourcen zur digitalen Transformation. Deshalb haben sich in einem Forschungsprojekt Vertretende von kleinen sozialen Institutionen zusammengetan und eine Lösung erarbeitet, wie sie sich gegenseitig helfen können.
Eine soziale Institution in der Schweiz wird häufig von Dritten finanziert. Nehmen wir als Beispiel eine kleine Stiftung: Mitarbeitende erteilen Auskünfte, beraten und unterstützen ihre Klientinnen und Klienten. Finanziert wird dies aus Spendengeldern und unterstützt durch das ehrenamtliche Engagement von Mitarbeitenden. Die Stiftung steht somit in einem Angebots-Dreieck:
Wer zahlt, bestimmt weitestgehend die Infrastruktur und das Angebot des Dienstleisters. Im Zuge der Digitalisierung entstehen nun laufend neue Themenfelder und Kommunikationswege, die für soziale Einrichtungen wichtig und interessant sind. Für die digitale Transformation werden allerdings zusätzliche Ressourcen benötigt. Wie kann das in den sozialen Institutionen finanziert werden? Es kommt auf die Grösse der Organisation an, sagt ein Forschungsteam der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW. In vielen Klein- und Kleinstorganisationen im Schweizer Sozialbereich fehlt das finanzielle Kapital. Bei mittleren und grösseren sozialen Organisationen sieht es besser aus – sie können sich eine digitale Transformation eher leisten.
Forschungs- und Entwicklungsprojekt «up2gether!»
Vertretende von Klein- und Kleinstorganisationen erarbeiteten am Praxisforum 2018 der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW erste Ideen, um trotz fehlendem Kapital die digitale Transformation aktiv voranzubringen. Die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW hat – in ihrer Vernetzungs-Rolle – dieses Bedürfnis aufgenommen und das Projekt «up2gether!» ins Leben gerufen. «up2gether!» initiiert Innovation, indem soziale Klein- und Kleinstorganisationen sich gegenseitig (up together) unterstützen und sich so zu einem «digital-agilen Netzwerk» transformieren.
Wissenszugang ist zentral
Um sich über die Möglichkeiten der Digitalisierung auszutauschen, fanden sich im August 2019 rund 40 Vertretende von Klein- und Kleinstorganisationen zum Kick-off des Projekts ein. Anschliessend tauschten sich drei Arbeitsgruppen zu den Themen Onlineberatung, Prozesse sowie Social Media/Online-Marketing aus. Regelmässig trafen sich alle Mitglieder der Arbeitsgruppen in sogenannten «Barcamps». Das ist ein spezifisches Format zur Wissensentwicklung. Die Kernerkenntnis kam schnell, sagt Projektleiterin Sarah Bestgen: «Wo kein Wissen ist, kann auch nichts geteilt werden. Die reine Vernetzung reicht nicht aus, um Wissen zu generieren.» Das Team der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW stellte das Projekt auf den Kopf und übernahm die Rolle der Vermittlerin von digitalem Know-how: Sie organisierte Expertinnen und Experten, etwa zur Programmierung einer App, zu digitalen Beratungstools oder zu Datenschutz. Im dritten und letzten «Barcamp» des Forschungsprojekts funktionierte der Wissenstransfer dann: Wissen konnte das erste Mal geteilt werden. Die Teilnehmenden begannen, sich untereinander auszutauschen und einander Tipps zu geben.
Sozialbereich benötigt Grundkompetenz im digitalen Bereich
Im Austausch in den Arbeitsgruppen kamen konkrete Fragen auf:
- «Ich möchte eine neue Homepage erstellen. Was muss ich beachten?»
- «Welche Social-Media-Kanäle bringen einen Nutzen für meine Organisation?»
Diese verdeutlichen die Tatsache, dass in vielen Klein- und Kleinstorganisationen Geld und Zeit fehlen, um sich Grundkompetenzen zu allen digitalen Anliegen sowie technischem Grundwissen anzueignen. Zudem zeigt die Erfahrung im Projekt, dass die Anliegen der sozialen Klein- und Kleinstorganisationen durch das Projektteam an die Expertinnen und Experten übersetzt werden mussten. Denn diese haben ihre Erfahrungen – finanziell und inhaltlich – bisher mit kleinen und mittleren Unternehmen gesammelt.
Neue Rolle für die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW?
Die Klein- und Kleinstorganisationen im Schweizer Sozialbereich verfügen nicht über genügend Kapital für die digitale Transformation. Sie können ihre Dienstleistungen und Angebote für ihre Klientel somit nur ungenügend ausbauen. Die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW ist durch Erfahrungen im Projekt nun dabei, sich in der Rolle als Ansprechpartnerin für digitale Anliegen von Klein- und Kleinstorganisationen zu profilieren. Es besteht eine Lücke für die spezifischen Bedarfe der Organisationen zum Thema Digitalisierung. Wegen Geldmangels in vielen Schweizer Klein- und Kleinstorganisationen im sozialen Bereich laufen an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW nun Überlegungen, spezifische Dienstleistungen oder Weiterbildungen für diese Klientel anzubieten. Die Organisationen könnten sich zusammenschliessen, um gemeinsam eine Dienstleistung (z.B. Workshop zur Social-Media-Konzeption) zu finanzieren. So könnten Kosten geteilt werden.