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Wie Stadtplanung näher zu den Menschen kommt

Um neue Siedlungen sozial nachhaltig zu gestalten, braucht es die Mitwirkung der Bevölkerung. Forschende an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW haben ein Online-Instrument für eine vereinfachte Mitsprache entwickelt.

Mit dem Online-Instrument SoNa City kann man sich auf Mitwirkungsanlässe wie hier zum Basler Projekt Klybeck plus vorbereiten.  (© Pressefoto klybeckplus)

Mit dem Online-Instrument SoNa City kann man sich auf Mitwirkungsanlässe wie hier zum Basler Projekt Klybeck plus vorbereiten. (© Pressefoto klybeckplus)

Wird in einer Stadt etwas gebaut oder umgestaltet, gibt es die festgelegten Planungsabläufe: Projektwettbewerb, politische Entscheide, Urnengang, öffentliche Auflage. Die Bevölkerung werde heutzutage zwar an Anlässen begrüsst, stellt Matthias Drilling, Institutsleiter an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, fest: «Da referieren Fachleute, und schnell einmal wird zum Apéro geschritten.» Eine wirkliche inhaltliche Beteiligung komme kaum zustande, sagt der Sozialgeograf und Raumplaner. Und wenn, dann von Interessengruppen, die sich auszudrücken wüssten und mit den Prozessen vertraut seien.
Die Folge: Zwischen den Planern – Verwaltung, Investoren – und den ganz gewöhnlichen Einwohnerinnen und Einwohnern besteht bei der Stadtplanung ein Macht- und Wissensgefälle: «Dabei ist die Quartierbevölkerung ja am stärksten von einem Entwicklungsprojekt betroffen», so Drilling. Auch kenne sie die Verhältnisse und Bedürfnisse vor Ort am besten. Gefragt seien deshalb neue Methoden, Mitwirkungsverfahren breiter und einfacher zu gestalten: «Da bietet uns die Digitalisierung Chancen», ist Drilling überzeugt.

Farbige Planeten

Der Professor und sein Team haben das Online-Mitspracheinstrument SoNa City entwickelt. Man kann sich am Computer oder Tablet einloggen und zu Kernthemen nachhaltiger Stadtentwicklung Stellung beziehen. Nachhaltig bedeutet hier nicht ökologisch, sondern zielt auf die soziale Dimension – SoNa steht für soziale Nachhaltigkeit. Es geht um Fragen wie: Welche Nutzungsvielfalt soll die Siedlung haben? Wie funktioniert das Zusammenleben in verdichteten Bauten? Finden sich ältere Menschen zurecht, gibt es Schleichwege für Kinder? Braucht es Gemeinschaftsräume, eine Siedlungsassistenz? Die Themen von SoNa City sind keineswegs zufällig ausgewählt. Sie basieren auf Drillings Forschung zu städtischen Siedlungen aus dem In- und Ausland.
Am Online-Tool wirkte das Basler Design-Start-up Yaay mit. Es ist spielerisch in der Anwendung und funktioniert sehr visuell. Die Nutzerin, der Nutzer gestaltet sich den eigenen Stadtplaneten so farbig wie individuell und erhält gleichzeitig Hintergrundinformationen. Nutzervergleiche untereinander sind möglich, zudem lassen sich Dokumente hochladen. Einzelne oder Gruppen können ein Mitspracheprojekt starten und die Ergebnisse ausdrucken. Eingesetzt wurde das digitale Instrument jüngst von einer Bürgervereinigung aus dem Basler Klybeck-Quartier. Sie will sich beim gross angelegten Entwicklungsprojekt Klybeck plus einbringen, bei dem am alten Rheinhafen ein neues Stadtquartier entsteht.

Verhandlungen auf Augenhöhe

Online-Instrumente wie SoNa City erlauben es der Bevölkerung laut Drilling, sich auf die offiziellen Mitwirkungsanlässe vorzubereiten. Die Ideen fliessen fundiert ein, Verhandlungen auf Augenhöhe werden möglich. Und die Planer können Konfliktpunkte früh erkennen. Nicht zuletzt kommen auch gesellschaftliche Gruppen mit eingeschränkten Möglichkeiten zu Wort, etwa Migrantinnen und Migranten ohne Stimmrecht oder ältere, nicht mehr so mobile Menschen. Die ältere Generation baue Hemmschwellen gegenüber der Digitalisierung ab, sagt Drilling. Mitsprache bringe Lebensqualität, wie die Forschung belege: «Können die Leute mitgestalten, erhöht das ihre Zufriedenheit und Identifikation mit dem Umfeld.» Die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW stellt SoNa City Interessierten kostenlos zur Verfügung.

(© Text: Susanne Wenger)



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