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3.12.2024 | Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel

Die Klausjägerinnen sind da

Wenn im Dezember die Klausjäger durch die dunklen Gassen von Küssnacht am Rigi ziehen, hat Angela Greter immer einen Gänsehautmoment. Der Tradition, dass nur Buben und Männer teilnehmen, wollte sie allerdings mit eigener Mode etwas entgegenhalten. Vom Zauber des Anlasses inspiriert, kreierte die Mode Design-Absolventin Styles für Frauen.

Die Nacht vom 5. Dezember gehört in Küssnacht am Rigi (SZ) ganz den Klausjägern, Trychlern und Geisselklepfern und ihrem Umzug durch die stockdunklen Gassen. «Ich bin mit dem Klausjagen gross geworden», sagt Angela Greter aus dem Nachbarsdorf Greppen (LU). «Für mich ein unglaublich faszinierender Brauch, urtümlich und stark.» Auf den Köpfen der Klausjäger leuchten farbenprächtig die sog. Iffelen. Dieser Kopfschmuck, in der Form eines übergrossen Bischofshutes, wird sorgsam aus Karton und farbigen Seidenpapieren gefertigt. «Da steckt so viel Handarbeit dahinter. Es ist eine wunderschöne, und eigentlich viel zu wenig gewürdigte Form von Kunsthandwerk. Das berührt mich.»

Entwurf aus der KollektionZur Tradition gehört aber auch, dass nur Buben und Männer am Umzug mitmachen dürfen. «Obwohl vielen Frauen wie mir diese Tradition viel bedeutet, sind wir ausgeschlossen.» Seit dem Beginn ihres Mode-Design-Studiums an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel FHNW und bis zum Ende trieb Angela die Idee um, ihre Bachelor-Arbeit dem Thema Klausjagen zu widmen. 

Ihr schwebte vor, Styles für Frauen zu kreieren und so eine ganz persönliche Vision des Brauchs zu realisieren. Sie verstehe ihre Arbeit als kreativen Akt und nicht als Kritik, betont die 27-Jährige. Es sei keine Absicht dahinter, das Klausjagen verändern zu wollen. Vielleicht seien Frauen eines Tages dabei. Aber so lange warten wollte sie nicht.

Beim Bachelor ging es im Theorieteil zunächst darum, das Phänomen zu ergründen. Wie entstand der Brauch? Und wieso? Die Recherche ergab nicht immer Eindeutiges. Wann das Klausjagen genau begann, ist nicht bekannt. Was man weiss: Ursprünglich war es ein heidnischer Brauch des Dämonenvertreibens. Im Dezember vor der Wintersonnenwende angesetzt, ist er auch die Beschwörung, die Ernte im Folgejahr möge üppig ausfallen. In christlicher Zeit wurde das Klausjagen verändert weitergeführt. In der jetzigen Form besteht es seit 1928 und gehört heute zu den eindrücklichsten Schweizer Winterbräuchen.

Kopftuch und Leiterplatinen

Dann folgte Teil zwei des Bachelors: Die Praxis. «Durch das Studium habe ich gelernt, meine eigene Herangehensweise zu finden. Die Erfahrung aus den letzten Semestern hat mir gezeigt, dass sich meine Ideen erst beim Machen formen.» Die richtigen Silhouetten zu finden war ihr wichtig. In einem Coaching beim Schnitt- und Verarbeitungsdozierenden lernte sie, diese auch hinzubekommen.

So entstand ihre Outfit-Serie, in der Kostüm und Couture fusionieren. Das rote «Weiber»-Kopftuch trifft auf den dunklen Business-Blazer, die weisse Klaus-Kutte auf neues Design und Printfoulards. Die berühmten Iffelen hat sie ebenfalls neu interpretiert. Sie werden zu leuchtenden Features auf Rückenpartien und Taschen. Auch Angela hat diese von Hand herstellt. 

Ein in Küssnacht ansässiges Tech-Unternehmen bot Angela defekte Leiterplatten aus Kunststoff an. «Sensationelle Teile zum Upcyclen», schwärmt Angela. Sie arrangierte die lichtdurchlässigen Platten in Serie auf einem Kleid. Das Stilelement der Wiederholung sei eine Anlehnung an die Tannenkostüme der Enzilochmannen im Willisauer Winterbrauch, aber auch an die Haute Couture-Pieces von Rabanne, wo Kleider mit Spiegelplättchen ausgestattet sind.

Eine Tasche mit den Applikationen aus LeiterelementenDie Leiterplättchen werden als Applikationen auch an anderen Elementen der Kollektion angewandt, Bild: Angela Greter

Für den Catwalk an der Abschlusspräsentation wählte Angela Frauen als Models, die zu Schweizer Brauchtum einen engen Bezug haben. Langsam und bedächtig schreiten sie durchs Publikum.

Models präsentieren die Kollektion Angela Greters

Bei den «Graduate Acts» 2024, der Abschluss-Modeschau des Studiengangs Mode-Design, wurde Angela Greters Kollektion präsentiert, Bild: Nelly Rodriguez

Angela konnte später ihre Klausjägerinnen noch einmal an der Mode Suisse 2024 in Zürich auftreten lassen. Das Publikum wurde in die Atmosphäre des uralten Brauchs versetzt, aber zugleich in jene einer modernen Fashionshow mit der Handschrift Angela Greters.

Mode-Design BA

Der Studiengang Mode-Design richtet sich an Menschen mit grossem Interesse an Mode und Mode-Design. Sie setzen sich mit gesellschaftlichen Themen auseinander und wollen kennenlernen, wie Design die Welt mitprägt. Sie haben Lust auf gestalterisch-handwerkliche Methoden und Techniken sowie auf partizipative und kollaborative Arbeitsprozesse.

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