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Buchbesprechung I Co-Intelligence. Living and Working with AI

Ethan Mollick legt mit «Co-Intelligence. Living and Working with AI» einen einfach zugänglichen Überblick über die Funktionsweise von, den Umgang mit sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen Künstlicher Intelligenz vor.

Zum Autor Ethan Mollick

Ethan Mollick ist Associate Professor an der Wharton School der University of Pennsylvania. Er lehrt und forscht zu den Themen Innovation und Unternehmertum und untersucht zudem die Effekte Künstlicher Intelligenz (KI) auf Arbeit und Bildung. Mit Wharton Interactive möchte er einen Beitrag zur Demokratisierung von Bildung leisten. Durch seine Publikationen, seinem Newsletter sowie Beiträgen in Sozialen Netzwerken hat er sich in den letzten Monaten zu einer zentralen Stimme im Diskurs zur Auseinandersetzung mit und den Folgen der breiten Verfügbarkeit von KI etabliert. Mit «Co-Intelligence. Living and Working with AI» legt er nun einen Überblick zur Funktionsweise und Handhabung von sowie den gesellschaftlichen Folgen von KI vor, welcher sich nicht an ein breites Publikum wendet.

Aufbau des Buchs

Das Buch beginnt mit dem Eingeständnis des Autors, dass ihm die Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 schlaflose Nächte bereitete. Dies, weil er erkannte, dass die Fähigkeiten dieses KI-Systems auch ihn und seinen Beruf tangieren. Aus diesem Grund begann Mollick, sich intensiv mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Das vorläufige Resultat hat er nun in Buchform gebündelt.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil umfasst drei Kapitel und dreht sich um die Entwicklung und Funktionsweise von KI-Systemen sowie um die Frage, wie KI-Systeme sinnvoll für die eigene Arbeit genutzt werden können.

Der zweite Teil des Buchs, welcher mehr Raum in Anspruch nimmt, thematisiert in sechs Kapiteln unterschiedliche Funktionen oder Rollen, welche LLM (im Zusammenspiel mit Menschen) einnehmen können. In diesem Zusammenhang werden jeweils die Auswirkungen von KI-Systemen auf unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche beleuchtet, insbesondere auf die Arbeit und Bildung. In den einzelnen Kapiteln wird sowohl auf die Funktionsweise von LLM Bezug genommen, welche dadurch nochmals verdeutlicht wird, als auch aktuelle Studien eingebracht, welche die Fähigkeiten von LLM zur Bearbeitung und Lösung von Aufgaben unterstreichen.

Bezug zur Hochschuldidaktik

Aus Sicht der Hochschuldidaktik sind insbesondere die beiden Kapitel zur Bildung (KI als Tutor*in) und zur beruflichen Weiterentwicklung (KI als Coach) von Interesse, auf welche nun an dieser Stelle Bezug genommen wird.

Mollik Cover.jpgMollick geht davon aus, dass es durch die Weiterentwicklung von KI möglich sein wird, Systeme zu entwickeln, welche als persönliche Tutor*innen eingesetzt werden. Auch wenn aktuelle KI-Systeme noch nicht dazu in der Lage sind, sei dennoch ein Punkt erreicht, an dem sich die Bildung verändern wird. Der Autor geht davon aus, dass dabei Wege gefunden werden, KI-Systeme in den Lernprozess zu integrieren, ohne dabei die Entwicklung grundlegender Kompetenzen zu hemmen. In Frage gestellt sind aktuell insbesondere schriftliche Aufgabenstellungen, welche mittels LLM (automatisiert) bearbeitet werden könnten. Bildungsorganisationen müssen sich daher die Frage stellen, welche Art und Weise der KI-Nutzung für sie annehmbar ist und welche nicht. Es wird daher Bereiche geben, wo die KI-Nutzung durch Lernende explizit eingefordert wird und andere, wo diese nicht erlaubt sein wird. Es gehe aber nicht darum, alte Formen von Leistungsnachweisen aufrecht zu erhalten. KI eröffne andere pädagogische Möglichkeiten. Diese werfen auch die Frage auf, was Lernende (zukünftig) lernen sollen. Dazu wird wohl auch der Umgang mit KI gehören. Der grösste Wandel sieht Mollick darin, wie Bildungsangebote erbracht werden (können). Er sieht in KI eine Möglichkeit, aktives Lernen zu fördern. Einerseits können KI-Systeme Lehrenden dabei helfen, lernförderliche Angebote zu gestalten. Lernende unterstützen (zukünftige) KI-Systeme dadurch, indem diese Lernangebote individualisieren und personalisieren. Sie können dadurch (besser) auf die unterschiedlichen Lernbedürfnisse eingehen. Nicht nur KI-Systeme, sondern auch Lehrende können Rückmeldungen aus solchen Systemen nutzen, um Bereiche zu identifizieren, wo Lernende zusätzliche Unterstützung benötigen.

Bezüglich des Berufseinstiegs sieht Mollick die Herausforderung, dass heute schon und in Zukunft noch stärker einfache Aufgaben durch KI-Systeme übernommen werden beziehungsweise von erfahrenen Professionellen mittel KI-Unterstützung erledigt werden. Damit entfallen für Berufseinsteiger*innen viele Gelegenheiten, eigene Expertise im Arbeitsbereich aufzubauen. Expertise, welche Voraussatzung dafür ist, um auch selbst mittels KI-Systemen gute Arbeitsergebnisse erzielen zu können. Der Autor spricht damit ein Paradox an: KI-Systeme erwecken den Eindruck, dass grundlegendes Wissen und grundlegende Fertigkeiten nicht mehr benötigt werden, um bestimmte Aufgaben zu bearbeiten. Jedoch wird genau dies benötigt, um KI-Systeme zielführend einsetzen und deren Ergebnisse bewerten zu können. Je stärker unsere Arbeitswelt von KI durchdrungen wird, desto zentraler ist es daher, die menschliche Expertise zu nähren. Mollick geht davon aus, dass KI-Systeme in der Lage sein werden, Menschen systematisch auch in ihren beruflichen Lernprozessen zu unterstützen. Noch sind heutige KI-Systeme nicht dazu in der Lage. Doch aktuell verfügbare LLM können bereits bestimmte Funktionen in diesem Prozess übernehmen. Die Arbeit mit KI-Systemen wird dabei selbst zu einer Form von Expertise werden.

Über diese beiden Kapitel hinaus wirft das Buch insgesamt zahlreiche Fragen auf, welche auch Hochschulen tangieren, auch wenn dieser Bezug nicht (immer) hergestellt wird. Denn die breite Verfügbarkeit von KI-Systemen verändert unsere Lebensweise, die Arbeitswelt, den Bildungsbereich sowie das Lernen. Darauf werden Hochschulen reagieren müssen, auch wenn es auf viele der Fragen aufgrund der dynamischen Entwicklung erst vorläufige Antworten gibt. (An der FHNW werden diese Fragen innerhalb der EduAI @FHNW-Community diskutiert.)

Fazit

Mollicks Buch leistet insgesamt drei Dinge: Erstens wird anschaulich dargestellt, wie grosse Sprachmodelle funktionieren. Diese Grundlagen sind hilfreich, wenn nicht sogar unabdingbar, um entsprechende KI-Systeme sinnvoll nutzen zu können. Dazu trägt zweitens bei, dass das Potential aktueller LLM mittels Studien, anhand von zahlreichen Beispielen und zum Teil sogar anhand von Chatverläufen verdeutlicht wird. Das Buch ist keine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Umgang mit KI-Systemen. Dennoch wird man durch die Lektüre in die Lage versetzt, einen sinnvollen Umgang mit LLM zu entwickeln. Drittens werden sowohl positive als auch negative Folgen der breiten Verfügbarkeit von KI-Systemen zum Thema gemacht. Obwohl Mollick das Potential von LLM für das eigene Arbeiten und Lernen hervorstellt, kann man ihm (mit wenigen Ausnahmen) nicht vorwerfen, die Risiken der Technologie zu vernachlässigen. Interessanterweise werden just in den beiden Kapiteln, welche sich um Lernen und Bildung drehen, kaum dystopische Entwicklungen thematisiert wie dies für andere Bereiche gemacht wird, obwohl diese durchaus denkbar wären. Ein Hinweis auf den immensen Ressourcenbedarf von KI-Systemen fehlt im Buch ebenfalls.

Empfohlen sei die Lektüre denjenigen Personen, welche sich (erstmals) mit aktuellen KI-Systemen auseinandersetzen möchten. Im Buch finden sich dazu sowohl Hintergründe, welche für das Verständnis der aktuellen Entwicklungen hilfreich sind als auch konkrete Hinweise für die eigene Nutzung beziehungsweise das eigene Experimentieren mit LLM. Vor diesem Hintergrund bietet Mollicks Publikation auch Anregungen, um die eigene hochschuldidaktische Praxis für eine Welt mit KI zu reflektieren, auch wenn dieser Bezug selbst aktiv hergestellt werden muss.

 

Ethan Mollick (2024): Co-Intelligence. Living and Working with AI. Portfolio; Penguin.

https://www.penguinrandomhouse.com/books/741805/co-intelligence-by-ethan-mollick/


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