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Zukunft mitgestalten mit wirkungsvollem Stiftungsfundraising

Interview mit Dr. Dr. Elisa Bortoluzzi Dubach, Dozentin für Stiftungsfundraising, Grossspendenden-Fundraising und Sponsoring im CAS Fundraising Management für NPO der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Eine einzige Entscheidung handlungsmächtiger Akteure kann das Leben zahlreicher Menschen und Tiere verändern. Wirkungsmächtige Entscheidungsträger sind Stiftungen. Mit ihren Fördergeldern unterstützen sie Projekte, die Menschen und soziales Miteinander stärken, Ressourcen schützen und fördern, für das Gemeinwohl wirken. Doch wie gelingt es gemeinnützigen Organisationen, Stiftungspartner für ihre Projekte zu gewinnen? Die Antwort liegt im wirkungsvollen Stiftungsfundraising, einem Tätigkeitsfeld, welches mit blossem Bitten um Geld nicht erfolgreich bewirtschaftet werden kann.

Stiftungen sind angesichts zunehmender nationaler wie globaler Herausforderungen und knapper werdender Mittel zunehmend gefragte Förderpartner – und stehen selbst vor der Aufgabe, ihre begrenzten Ressourcen strategisch und wirkungsvoll einzusetzen. Dies stellt Fundraiserinnen und Fundraiser vor komplexe Herausforderungen.

Frau Bortoluzzi Dubach, wie wirken sich Klimawandel, Pandemien, soziale Ungleichheit und Konfliktgeschehen auf die Prioritäten von Stiftungen in und jenseits der Schweiz aus, und wie sollten gemeinnützige Organisationen darauf reagieren?

Die genannten globalen Herausforderungen führen vor Augen, dass Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit, der öffentlichen Gesundheit, der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens dringender auch von Stiftungen in Angriff genommen werden müssen. Dies allerdings im Bewusstsein, dass – anders als bei Philanthropen – nicht alle Stiftungen diese Probleme angehen können, sondern nur jene, die ihre Bekämpfung im Stiftungszweck haben, und das sind bei weitem nicht alle Förderstiftungen.

Non-Profit-Organisationen sollten auf diese Herausforderungen reagieren, indem sie ihre Strategien und Programme an die neuen Notlagen und Bedürfnisse der Gesellschaft anpassen. Das können sie beispielhaft tun, indem sie:

  • begleitend zu den staatlichen Initiativen auf modellhafte Projekte und Programme setzen, die sich direkt mit den vom Klimawandel verursachten Problemen befassen. Dies kann erreicht werden durch gezielte Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstitutionen und Stiftungen, um nur ein Beispiel unter vielen zu zitieren.
  • bahnbrechenden Projekten, die sich mit der Bewältigung von Pandemien beschäftigen, einen gerechten Zugang zu Gesundheitsdiensten z. B. in Entwicklungsländern ermöglichen oder die wissenschaftliche Forschung fördern.
  • Socialchangemaker identifizieren, die in der Lage sind, effektive Programme zur Beseitigung sozialer Ungleichheiten zu entwickeln.
  • Frieden und Versöhnung durch Programme des interkulturellen Dialogs, der Konfliktvermittlung und des Menschenrechtsschutzes fördern, z. B. mit Hilfe der neuen Technologien und der Kommunikation.

Man muss sich im Klaren sein, dass weder Stiftungen noch Non-Profit-Organisationen den Staat und die Politik ersetzen können. Sie können aber mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen, dem Privatsektor und öffentlichen Einrichtungen zusammenarbeiten, um die Wirkung ihrer Massnahmen zu maximieren und neue Herausforderungen effektiver in Angriff nehmen zu können.  Darüber hinaus können Philanthropen und Stiftungen auf strategische Philanthropie setzen, Risikokapital zur Verfügung stellen, Advocacy-Programme initiieren, mit gebündelten Kräften zusammenarbeiten und damit einen substantiellen Beitrag leisten, einen systemischen Wandel ins Leben zu rufen.

Beziehungspflege, so wird Fundraiserinnen und Fundraisern durch Fachleute mitgegeben, ist ein entscheidender Aspekt im Stiftungsfundraising. Was genau bedeutet aber Beziehungspflege, welche Aspekte gilt es zu beachten?

Ein angemessenes Beziehungsmanagement zur Mittelbeschaffung bei Stiftungen erfordert, ein ständiges Augenmerk auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Stifter und Stifterinnen sowie der Stiftungsmitarbeitenden zu haben. Es gilt, eine wirksame und transparente Kommunikation zu pflegen sowie eine angemessene Anerkennung der Spende und die Rückmeldung mit einem Abschlussbericht sicherzustellen. Zudem bedeutet gutes Beziehungsmanagement auch immer, Empathie, Feinfühligkeit und Liebe zum Detail zu pflegen.

Wie muss überhaupt eine Organisation zielorientiert vorgehen, die plant, Beziehungen zu Stiftungen aufzubauen?

Eine Non-Profit-Organisation sollte ihre Ziele und Prioritäten festlegen, bevor sie mit der Mittelbeschaffung durch Stiftungen beginnt und sich für Aktivitäten entscheidet, die am besten mit ihrem Auftrag und dem Zweck einer Stiftung übereinstimmen. Im Anschluss daran sollte sie detaillierte Recherchen über potentiell interessante Partner in der Stiftungswelt aufnehmen, einen strukturierten Plan für den Aufbau langfristiger Beziehungen erarbeiten und umsetzen und die Wirksamkeit dieser Beziehungen ständig überwachen.

Damit kann eine Organisation starke Beziehungen zu Stiftungen aufbauen und sich die finanzielle Unterstützung sichern, die sie zur Erreichung ihrer Ziele benötigt.

Nehmen wir an, eine Organisation hat bereits eine potenziell einschlägige Stiftung recherchiert und erfolgreich telefonisch Kontakt aufgenommen, ist nun aufgefordert, einen Projektantrag einzureichen. Wo liegen die grundlegenden Fallstricke der Antragstellung, was müssen Organisationen beachten?  

Zu den wichtigsten Problemen beim Antragsverfahren gehören:

  • Mangelnde Vertrautheit mit den Eigenschaften, Anforderungen und Richtlinien der Förderstiftungen: Antragsteller müssen über die Förderkriterien, die Fristen und die Antragsverfahren genau informiert sein.
  • Schlechte Kommunikation mit den Förderstiftungen: Es ist wichtig, eine effektive Kommunikation mit dem Geldgeber aufzubauen, um alle Zweifel im Vorfeld der Antragstellung zu klären und eine erfolgreiche Einreichung zu gewährleisten.
  • Einreichung unvollständiger oder fehlerhafter Gesuchsunterlagen: Es muss gewährleistet sein, dass alle erforderlichen Unterlagen dem Gesuch beigefügt werden und dass diese korrekt und aktuell sind. Zudem sollte ein Gesuch so knapp und präzise wie nur möglich formuliert sein. Eine Stiftung hat nicht die Kapazitäten, um unnötig viele Seiten zu studieren und zu beurteilen.
  • Unzureichendes Zahlenmaterial: Ein klar strukturiertes Budget und ein gut durchdachter Finanzierungsplan sind heutzutage zwingend.
  • Versäumte Fristen: Die Organisationen sollten sich über die Antragsfristen der Förderstiftungen im Klaren sein und sicherstellen, dass sie diese einhalten, um nicht von der Förderung ausgeschlossen zu werden.

Der Antrag sollte interessant und klar sein und vor allem die Einzigartigkeit des Projekts hervorheben. Wenn das gelingt, werden auch kleine Formfehler vergeben.

Welche Rolle spielt digitale Transformation im Fundraising, und wie sollten gemeinnützige Organisationen moderne Technologien nutzen, um Stiftungsgelder zu akquirieren?

Die digitale Transformation spielt eine entscheidende Rolle im Fundraising für gemeinnützige Organisationen. Moderne Technologien und vor allem Künstliche Intelligenz (KI) ermöglichen es, effizienter und zielgerichteter Spendenmittel zu akquirieren. Moderne Technologien wie z. B. KI-gestützte Tools können genutzt werden, um das Spenderverhalten zu analysieren und personalisierte Ansprachen zu erarbeiten. Durch die Segmentierung von Spendern nach verschiedenen Kriterien können gemeinnützige Organisationen ihre Spendengelder effektiver einsetzen und gezieltere Fundraising-Kampagnen durchführen. Derzeit gibt es Bestrebungen, KI mit verschiedenen Datenbanken zu verknüpfen, um mit Hilfe von Schlüsselwörtern potenzielle Mäzenen zu identifizieren, die sich für bestimmte Themen interessieren. Darüber hinaus kann künstliche Intelligenz in Verbindung mit öffentlich zugänglichen Informationen im Internet genutzt werden, um das Online- und Offline-Verhalten potenzieller Mäzene zu analysieren, so dass gemeinnützige Organisationen ihre Fundraising-Ansätze effektiver gestalten und Philanthropen effizienter ansprechen können. Was Förderstiftungen anbelangt, kann der Einsatz eines Chatbots für das Anschreiben und die Struktur des Spendenantrags verwendet werden: Man gibt die Struktur eines Projekts ein, und innerhalb von Sekunden erarbeitet die Maschine Unterlagen nach professionellen Standards. Diese Funktion kann sehr nützlich sein für weniger erfahrene Bewerber oder solche, denen es schwerfällt, komplexe Inhalte schnell zusammenzufassen. Eine Weitere nützliche Funktionen dieser Tools sind das Umschreiben oder Übersetzen, die formale Kontrolle und die Korrektur der Zeichensetzung von Texten.

Welche aktuellen Trends sehen Sie im Bereich der Stiftungsförderung, und wie können gemeinnützige Organisationen die Trends zu ihrem Vorteil nutzen?

Zu den aktuellen Trends in der Stiftungsfinanzierung gehören eine stärkere Konzentration auf Transparenz und auf die Wirkung der geförderten Projekte (Impactmessung) sowie eine stärkere Ausrichtung auf internationale Zusammenarbeit und Vernetzung und – wie bereits erwähnt – auf die intelligente Nutzung neuer Technologien. Non-Profit-Organisationen können diese Trends zu ihrem Vorteil nutzen, indem sie ihre inhaltlichen Prioritäten beibehalten, aber versuchen, Projekte und Aktivitäten auf die Prioritäten und Interessen der Stiftungen abzustimmen, die Effektivität und Effizienz ihrer Arbeit klar und deutlich darzustellen und wirksame Kommunikations- und Berichtsstrategien umzusetzen. Darüber hinaus können gemeinnützige Organisationen von den aktuellen Trends profitieren, indem sie sich um Kooperationen und Partnerschaften mit anderen Organisationen bemühen, die an ähnlichen oder ergänzenden Themen arbeiten, um finanzielle Ressourcen effizienter einzusetzen.

Und nicht zuletzt gibt es immer mehr Stiftungen, die nicht einzelne Projekte, sondern Organisationen unterstützen. Das kann für kleinere Organisationen ein echter Segen sein.

Das Interview führte Dr. Sonja Schüler, Weiterbildungsleiterin FHNW.

Elisa Bortoluzzi Dubach

Elisa Bortoluzzi Dubach

Elisa Bortoluzzi Dubach doziert an Universitäten und Fachhochschulen in der Schweiz und in Italien, und berät Mäzene, Stiftungsmitglieder, Geschäftsführer nationaler und internationaler Unternehmen, Regierungen und öffentliche Verwaltungen in Public Relations, Sponsoring und Stiftungsfragen. Sie hat Artikel über Sponsoring, Förderstiftungen und Mäzenatentum verfasst, die in Fachzeitschriften in deutscher, italienischer und arabischer Sprache erschienen sind, und hat zahlreiche Fachbeiträge in Zeitungen, Zeitschriften und Kompendien verfasst. Sie ist Autorin mehrerer Bücher zu Sponsoring und Philanthropie. Zudem ist sie Mitglied verschiedener nationaler und internationaler Berufsverbände

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