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6.12.2022 | Institut Digitales Bauen, Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik

Parametrisches Design – eine Chance für die Architektur

Parametrisches Design in der Architektur verbinden viele ausschliesslich mit organischen Formen. Leona Wagener erklärt, wieso parametrisches Design mehr sein kann, wie sie diese Methode bei Herzog & de Meuron einsetzen und wie es überhaupt so weit kam, dass sie sich in diesem Bereich spezialisiert hat.

«Meine ersten Berührungspunkte mit parametrischem Design hatte ich bei Abschlusspräsentationen zu Beginn meines Architekturstudiums an der Münster School of Architecture (MSA). Ich war fasziniert, wie Studierende in höheren Semestern grosse und komplexe Projekte in kleinen Gruppen bewältigen konnten. Im Gespräch mit ihnen habe ich von Werkzeugen erfahren, die es mir ermöglichen würden, neue und komplexe Formen zu gestalten, schnell Varianten zu generieren und Arbeitsschritte zu automatisieren. Wie es der Zufall wollte, war zur selben Zeit eine Tutor*innen-Stelle im Department Digitales Entwerfen und Konstruieren ausgeschrieben, welche ich schlussendlich besetzen durfte. Durch diese Stelle und durch Engagement im regulären Architekturstudium konnte ich meine Fähigkeiten im parametrischen Design bilden und entwickeln. Diese Spezialisierung hat mich dann in die Schweiz zu H&deM geführt, wo ich seit einiger Zeit meine Kenntnisse in spannenden Projekten einbringen und erweitern kann.

Bei H&deM bin ich Teil eines Teams, das Lösungen für unterschiedliche Problemstellungen erarbeitet und damit Projektteams bei ihrer Arbeit unterstützt. Dabei geht es eben nicht immer nur um geometrische Freiformen. Obwohl uns parametrische Werkzeuge ermöglichen komplexe und individuelle Geometrien zu entwerfen, ist dies nur einer von vielen Anwendungsfällen. So sind Simulationen schon in frühen Projektphasen, wenn der Handlungsspielraum für Änderungen am grössten ist, ein sinnvolles Werkzeug, um ein architektonisches Konzept zu erarbeiten. Zudem lassen sich damit Ideen und Konzepte datenbasiert begründen und visualisieren. Das fördert die Zusammenarbeit, indem alle Projektbeteiligten konzeptionelle Entscheide besser nachvollziehen können. Zudem nutzen parametrische Werkzeuge die stärken von Computern, indem schnell Varianten generiert und angepasst werden können. Das spart den Projektteams Zeit und Arbeit und stösst bei Kunden stets auf positive Resonanz. Ebenso zeitsparend ist die Möglichkeit Projektanpassungen schneller umzusetzen, indem genaue Regeln und Abhängigkeiten zwischen den Objekten definiert werden. Als Beispiel können bei einem Stadionbau alle Sitzplätze automatisiert verteilt und angepasst werden, weil die Abstände der Sitze und ihre Ausrichtung zueinander und zum Spielfeld, geometrischen Regeln folgen. Das ist nicht nur schneller, sondern auch weniger Fehleranfällig, als wenn man es händisch im 3D-Modell umsetzen würde. Auch Regeln anderer Disziplinen oder Normen können bei den Parametern schon frühzeitig berücksichtigt werden. Dadurch können späte und damit teure Projektänderungen vorgebeugt werden.

Parametrische Werkzeuge sind keinesfalls auf frühe Projektphasen limitiert

Mit Software-Plugins wie BEAM werden Werkzeuge wie Rhino Grasshopper BIM-fähig. Damit werden diese Werkzeuge für die gesamte Planung bis hin zu Ausführung interessant. Es entsteht ein durchgängiger Prozess, bei dem keine Brüche entstehen und damit auch keine Informationen verloren gehen.
Ein weiterer Vorteil ist die Wiederverwendbarkeit der entwickelten Lösungen. Obwohl jedes Projekt individuelle Anforderungen hat, gibt es doch viele Problemstellungen, die immer wieder aufkommen. Eine Simulation des 2h-Schattens ist zum Beispiel bei fast jedem Projekt wichtig, um das Volumen zu definieren. Wir bauen also fortlaufend an einem Werkzeugkasten, in Form einer Rhino-Toolbar, der dann für alle kommenden Projekte zur Verfügung steht.
Neben den vielen Vorteilen des parametrischen Designs gibt es allerdings auch Dinge, die es zu beachten gilt. Zum einen darf man nie die Kontrolle über die eigenen Werkzeuge verlieren. Deshalb ist es uns wichtig, die Nutzer unserer entwickelten Lösungen gut zu schulen. Weiter ist zu beachten, dass es nicht sinnvoll ist alles parametrisieren zu wollen. Die Gefahr ist gross, diesen Fehler zu begehen. Es gibt theoretisch zu viele Regeln und Abhängigkeiten, als dass man sie alle berücksichtigen könnte. Deshalb ist es wichtig, sich am Anfang genau zu überlegen und zu definieren, was man wirklich am Ende braucht. Davon kann man ableiten, was sich lohnt zu parametrisieren.
Diese zwei Punkte sollten aber für niemanden ein Hindernis sein, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Schlussendlich bin ich davon überzeugt, dass die gesamte Baubranche von den Möglichkeiten dieser Werkzeuge profitieren kann. Deshalb freue ich mich auch auf den disziplinenübergreifenden Austausch mit meinen Mitstudierenden im MSc FHNW VDC und ihre Erfahrungen mit parametrischen Werkzeugen.» Leona Wagener, Architektin BA MSA, 1. Semester MSc FHNW VDC Vollzeit

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