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«Einfach Surfen» ‒ das barrierefreie Internet

Für die Teilhabe an unserer Gesellschaft ist das Internet unverzichtbar. Dies gilt auch für Menschen mit Behinderungen. Deshalb wurde ein Leitfaden zur barrierefreien Gestaltung von Websites entwickelt.

Tastatur mit blauer «Access»-Taste für die Barrierefreiheit im Internet

Jasmin ist 28 Jahre alt und hat seit ihrer Geburt eine leichte kognitive Behinderung. Dennoch ist das Internet für sie kein Luxus, sondern ein unentbehrliches Werkzeug für den Alltag. Sie arbeitet in einem Teilzeitpensum in einer mittelgrossen Aargauer Firma. Dort ist sie für den Postdienst zuständig. Vieles kann sie ohne Computer erledigen, doch für einige Tätigkeiten geht nichts ohne Internet. Sehr wenige Internetauftritte sind heute barrierefrei gestaltet, was für Jasmin die Arbeit deutlich erschwert.


Warum ein neuer Leitfaden?

«Der Leitfaden präsentiert Empfehlungen, um die Barrierefreiheit im Internet für Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen zu verbessern», sagt Projektleiterin Prof. Gabriela Antener von der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW. Es gibt zwar internationale Standards zum barrierefreien Internet (WCAG 2.0). Umgesetzt werden diese Standards aber völlig unzureichend: Weniger als ein Prozent der Schweizer Websites können für Menschen mit Sinnesbehinderungen oder motorischen Beeinträchtigungen als barrierefrei gelten. Noch schlechter steht es um die Zugänglichkeit des Internets für Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung aufgrund geistiger Behinderung, Lern-, Konzentrations- oder Sprachschwierigkeiten.

Die Papierversion des Leitfadens wird durch die Internetseite www.einfachsurfen.ch mit nützlichen Links und Best Practices ergänzt. Dort steht der Leitfaden auch zum Download zur Verfügung.

Die Entwicklung des Leitfadens in drei Phasen

In der ersten Projektphase führten die Forschenden eine Literaturrecherche zum aktuellen Wissensstand und Forschungsbedarf zum Themenfeld kognitive Beeinträchtigung und Internetzugänglichkeit durch und verfassten einen Bericht dazu. In der zweiten Projektphase wurden in gemeinsamer Redaktionsarbeit durch alle beteiligten Projektpartner und -partnerinnen spezifische Empfehlungen zur Gestaltung der Webseiten entwickelt. Im dritten Teil des Projekts wurden die Richtlinien überprüft. Dazu wurden drei Websites von acht Nutzenden mit leichter geistiger Behinderung auf ihre Barrierefreiheit getestet. Die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW führte die User-Tests durch.

Ein User-Test umfasste pro Website verschiedene Fragestellungen, die mit spezifischen Suchaufgaben auf der jeweiligen Website verbunden waren. Im Testverfahren wurden ver­schiedene Daten erhoben, um herauszufinden, wie die Benutzenden die Websites wahrnehmen und wie sie sich darauf zurechtfinden. Dabei wurden spezifisch die Bildschirm- und Mausaktivitäten beobachtet, um Rückschlüsse auf Irritationen und Probleme beim Lösen der Aufgabe und der damit verbundenen Lösungsstrategien zu ziehen. Am Schluss beur­teilten die Testpersonen spezifische Aspekte der Website-Gestaltung. Die Daten wurden in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet.

Die Stiftung «Zugang für Alle» und insieme befragten zudem Webdesignerinnen und Webdesigner, um die Praktikabilität und Anwendbarkeit des Leitfadens zu überprüfen. Aufgrund der Ergebnisse aus den User-Tests und den Befragungen im dritten Projektteil wurde der Leitfaden zur Gestaltung von einfachen Internet-Benutzeroberflächen schliesslich redaktionell überarbeitet und veröffentlicht.

Nur ein bisschen Barrierefreiheit funktioniert nicht

Die Tests zeigen deutlich, dass es für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen schwieriger ist, Websites zu nutzen, wenn diese nicht oder nur teilweise nach den Richtlinien für barrierefreie Websites gestaltet sind. Oder anders gesagt: Nur eine vollständige und konsequente Umsetzung der Richtlinien stellt sicher, dass das Internet für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen zugänglich ist. Nur ein bisschen barrierefrei funktioniert nicht.

Auch Jasmin wäre froh, wenn Unternehmen vermehrt auf die Gestaltung von barrierefreien Webseiten achten würden.

Christoph Leuthold

«Der Leitfaden ‹Einfach Surfen› war sehr hilfreich beim Erstellen der Website mensch-zuerst.ch. Viele der Hinweise in der Guideline waren uns durchaus bekannt. Aber dass sie so existenziell wichtig sein können, war uns nicht bewusst.»

Christoph Leuthold, Geschäftsführer Atelier Leuthold in Zürich Zur Website Atelier Leuthold
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