19.3.2024 | Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik
«Technik allein bringt nichts - es müssen auch weiche Faktoren berücksichtigt werden!»
Mit dem «CAS Digitales Bauen - Transformation & Wertschöpfung in Organisationen» lanciert das Institut Digitales Bauen FHNW sein neues Weiterbildungsportfolio mit dem Ziel, die Potenziale des digitalen Bauens sowohl auf der Ebene des Projektmanagements wie auch auf der Ebene des Unternehmens freizusetzen. Marc Pancera - Dozent für Digitales Bauen - gibt Im Interview Aufschluss darüber, was der CAS im Konkreten alles leistet.
Was sind die Hauptinhalte des Kurses «CAS Digitales Bauen - Transformation & Wertschöpfung in Organisationen»?
Wir orientieren uns an der These, dass viele Unternehmen der Schweizer Bauindustrie zwar digital planen, bauen und betreiben wollen, dies aber aufgrund der etablierten Arbeitsweise nur bedingt zum gewünschten Mehrwert führt. Oftmals liegt der Fokus dabei auf Verbesserungen in einzelnen Projekten. Die Unternehmensstrukturen werden seltener hinterfragt. So können z.B. Kennwerte aus Projekten oder Erkenntnisse aus der Projektabwicklung kaum sauber aufgenommen werden, um davon in frühen Phasen anderer Projekte effektiv zu profitieren.
Hinzu kommt, dass das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen in den heutigen Projektteams immer noch sehr wenig ausgeprägt ist. Sei es aufgrund vertraglicher oder fachlicher Betrachtungsweise, Konzepte, Ideen und Pläne werden noch immer von einzelnen in der eigenen Unternehmung ausgebrütet und erst nach mehrmaligem Überdenken mit dem Rest des Projektteams geteilt. Dabei wird das Potential der breiten fachlichen Expertise im Projektteam vom Fachplaner, über die Bauherrschaft zum Unternehmer oder den Spezialisten kaum ausgeschöpft.
Es gilt also einen Schritt zurückzumachen und sich zu fragen, an welchen Schrauben zu drehen wäre, um über alle Projekte hinweg eine höhere Wertschöpfung zu generieren. Und genau diesen Schritt machen wir im «CAS Digitales Bauen - Transformation & Wertschöpfung in Organisationen».
Welche spezifischen Ziele auf organisatorischer Ebene hältst du für entscheidend, um digitale Methoden und Technologien erfolgreich in Projekten zu implementieren?
Aus technischer Perspektive ist ein solides Informationsmanagement zentral. Daten, die akkurat und aktuell sind, lassen gute Entscheidungen zu. Sie bilden das Substrat oder die Basis, worauf die Akteure arbeiten können. Doch Technik allein bringt noch nichts und es müssen auch weiche Faktoren berücksichtigt werden: allen voran der Mensch an sich. Der Mensch steht im Mittelpunkt des Geschehens und nutzt schlussendlich die digitalen Tools und die neuen Prozesse zur Erreichung der Projektziele. Wenn sich ein Changeprozess also abseits der Mitarbeitenden vollzieht, ist die Transformation zum Scheitern verurteilt.
Warum gibt es trotz der potenziellen Vorteile von Virtual Design and Construction (VDC) und Integrated Project Delivery (IPD) immer noch eine geringe Akzeptanz von modellbasierten Arbeitsmethoden in der Bauindustrie
Eine grosse Hürde für viele Unternehmen stellt die tatsächliche Veränderung in den Geschäftsprozessen dar, welche mit modellbasierten Arbeitsmethoden einhergehen. So ein bisschen BIM mag für ein Pilotprojekt ausreichen, um das Potential aber tatsächlich auszuschöpfen muss man die eigene Arbeitsweise hinterfragen. Es ist eine kulturelle Frage, denn jahrelang wurde erfolgreich gewirtschaftet und nun soll das plötzlich nicht mehr richtig sein? Dabei geht es nicht per se um richtig oder falsch, sondern vielmehr darum zu prüfen, ob im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten und Erkenntnisse die gängige Arbeitsweise noch zeitgemäss ist oder halt verbessert, angepasst oder gar neu gedacht werden muss.
Es sollte branchenweit ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Change ein Prozess ist, der aktiv gestaltet werden muss. Zusätzlich müssen wir den Unternehmen die Berührungsangst nehmen und wenn möglich Starthilfe geben.
Der «CAS Digitales Bauen - Transformation & Wertschöpfung in Organisationen» ist modular und flexibel aufgebaut: welche Vorteile bringt dies für die Teilnehmenden und schlussendlich auch für die Entwicklung von Optimierungsstrategien in Unternehmen?
Der CAS ist modular aufgebaut und besteht aus sechs thematisch unterschiedlichen Modulen, die jeweils als eigenständiger Weiterbildungskurs besucht werden können. Dieser Aufbau ermöglicht den Teilnehmenden eine bedarfsgerechte Auswahl der Themen. Will also eine Teilnehmerin lediglich was zu Informations- und Datenmanagement wissen, kann sie den entsprechenden Kurs besuchen. Ein anderer Teilnehmer kommt, weil in seinem Unternehmen grad die Themen Leadership und Entscheidungsfindung bearbeitet werden. So kann jede und jeder sein spezifisch benötigtes Wissen portionenweise abholen und auf die Projekte im eigenen Unternehmen anwenden. Weiter kann durch den modularen Aufbau besser auf die persönlichen und geschäftlichen Tätigkeiten Rücksicht genommen werden.
Welchen konkreten Nutzen bringt der Kurs den Teilnehmenden?
Im unserem ganzen Weiterbildungsangebot achten wir darauf, dass die Teilnehmenden neben dem nötigen theoretischen Rahmen auch immer den Bezug zu ihrer Praxis vermittelt bekommen. Es ist uns ein Anliegen, dass die Inhalte gezielt an Beispielen geübt und vertieft werden können. Dazu werden in den Modulen immer kleinere Übungen und Gruppenarbeiten abgehalten und die Erkenntnisse gemeinsam ausgetauscht. Neu stehen zusätzliche Werkstätten zur Verfügung, um spezifische Themen, wie etwa «Design Thinking» oder «KI im Bauwesen», weiter zu vertiefen und zu trainieren.
Auf diese Weise stellen wir sicher, dass unsere Absolvent*innen fit dafür werden, den Change in ihren Unternehmen einzuleiten und erfolgreich durchzuführen.