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Proviage

PROVIAGE untersucht die Frage, ob Personen mit Sehbeeinträchtigungen im Alter ganzheitliche Unterstützung erhalten. Dabei wird das Versorgungssystem in der Schweiz betrachtet und aufgezeigt, wie allfällige Lücken in der Zusammenarbeit zwischen Medizin und psychosozialer Beratung geschlossen werden können.

Frau schaut angestrengt auf BildschirmIm Laufe des Lebens lässt das Sehvermögen nach, und für viele Menschen im Alter ergeben sich dadurch neue Herausforderungen im Alltag. In der Schweiz leben etwa 247.000 Menschen über 60 Jahren mit einer Sehbehinderung – und diese Zahl steigt stetig an, gemäss dem Schweizerischen Zentralverein des Blindenwesens SZBLIND (Stand 2019). Augenärzt*innen sind die erste Anlaufstelle, wenn Sehprobleme auftreten. Eine medizinische Behandlung und Therapie sind wichtig, aber ebenso entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung des Alltages sind soziale und psychische Ressourcen.

Hier setzt das Forschungsprojekt PROVIAGE an: Es untersuchte, ob Betroffene Zugang zu psychosozialen Beratungs- und Unterstützungsangeboten erhalten. In der Schweiz gibt es im internationalen Vergleich gut ausgebaute Unterstützungsangebote, die sich auf die Betreuung von erwachsenen Menschen mit Sehbehinderungen spezialisiert haben. Diese werden oft als «Beratungs- und Rehabilitationsstellen» bezeichnet. Dennoch gibt es eine Lücke bei der Überweisung von der medizinischen zur psychosozialen Beratung. Eine systematische Zusammenarbeit und Überweisungslogik zwischen Augenärzt*innen, Allgemeinmediziner*innen und den Beratungsstellen fehlt.

Die Zusammenarbeit und systematische Vernetzung (als strukturell sichergestellte Schnittstelle) zwischen medizinischen und psychosozialen Angeboten wäre in der Versorgung wichtig, damit Menschen, die erst im Alter mit einer Sehbehinderung konfrontiert werden und damit fortan ihren Alltag bewältigen müssen, psychosoziale und rehabilitative Angebote bekommen. Diese Unterstützungen, die die medizinischen Angebote ergänzen, sind wichtig für eine ganzheitliche Sicht auf das Thema «Sehbehinderung im Alter», da eine Sehbehinderung nicht nur eine medizinisch relevante Ausgangssituation ist, sondern auch eine herausfordernde Lebenssituation darstellt.

Umso wichtiger ist es daher, wissenschaftlich strukturiert zu fragen, wie die Versorgung und Überweisungslogik in der psychosozialen Beratung in der Schweiz aussieht und wie vorgefundene Überweisungslücken geschlossen werden können.

Ziele und Vorgehen

Das Projekt unterteilt sich in drei Hauptziele und damit in drei Phasen:

  1. Systematisierung und Kategorisierung der bisherigen Erkenntnisse zur psychosozialen Versorgungsrealität und Zielgruppe von in der Schweiz wohnhaften Personen, die erst im Alter eine Sehbehinderung erleiden.
  2. Bestandsaufnahme der Versorgungslandschaft und -lücken in der Schweiz durch eine nationale Befragung von Stakeholdern und betroffenen älteren Personen.
  3. Erarbeitung von individuellen Konzepten und Handlungsempfehlungen, um mögliche Versorgungs- und Überweisungslücken zu schliessen.

Neben Workshops mit Expert*innen aus der Allgemeinmedizin, Ophthalmologie und Beratungsstellen wurde eine nationale Befragung von älteren Personen und professionellen Versorgungsanbieter*innen 2023 durchgeführt.

Ergebnisse

Die Studienergebnisse zeigen, dass ein signifikanter Informationsmangel bezüglich spezialisierter Beratungsstellen besteht: Nur ein Drittel der Betroffenen kennt diese Angebote, und lediglich ein geringer Prozentsatz hat in den letzten fünf Jahren Gebrauch davon gemacht. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden Handlungsempfehlungen entwickelt.

Die Lösungsansätze fokussieren zunächst auf eine intensivierte Aufklärungsarbeit unter Fachkräften sowie auf die Förderung einer effizienteren Kooperation zwischen Ophthalmologen, Allgemeinmedizinern und Beratungszentren, um deren Präsenz und Wirksamkeit zu stärken. Zudem ist es von zentraler Bedeutung, dass die Inanspruchnahme von Beratungsstellen gesellschaftlich normalisiert und von jeglichen Stigmen befreit wird, um diese als bedeutende Unterstützungsressource zu etablieren.

Durch diese Strategien soll sichergestellt werden, dass eine grössere Anzahl älterer Menschen zeitnah Zugang zu umfassender Betreuung erhält, wodurch sie in die Lage versetzt werden, ihr Leben weiterhin eigenständig und selbstbestimmt zu gestalten.

Link zur Studie

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