Erzähl mal… Peter Mahler

    Nach 35 Jahren als Mitarbeiter am Institut Geomatik verabschiedet sich Peter Mahler Anfang 2025 in den Ruhestand. In all den Jahren, in denen er mehrere hundert junge Menschen während dem Studium begleitete und grosse technische Veränderungen miterlebte, hat er seine Begeisterung für die Geomatik nie verloren. Erzähl mal…

    Vom technischen Zeichnen zur Geomatik – der Weg an die FHNW

    Übersichtsplan 1:2000 mit Reissfeder und Tusche von Hand gezeichnet (1978)

    Mein beruflicher Werdegang in die Geomatik und an die FHNW begann 1975 in der Oberstufe der Sekundarschule. Dort hatten wir ein neues Schulfach, das technische Zeichnen. Die Kombination aus Zeichnen, mathematischen Kenntnissen und Geometrie gefiel mir so gut, dass schnell klar war, dass ich einen Zeichnerberuf wählen werde. Zudem hatte ich den Wunsch, nicht nur drinnen, sondern auch draussen zu arbeiten und suchte nach einem Beruf zwischen Natur und Technik, weshalb ich 1976 eine Lehre als Vermessungszeichner beim Kanton Basel-Landschaft begann. Dies war zwar interessant und spannend, doch wollte ich mehr über die Vermessung wissen und mich weiterbilden.

    Um mir ein Studium leisten zu können, arbeitete ich 2 Jahre lang an verschiedenen Orten (Kanton BL, Ingenieurbüro von Arx, Münchenstein und bei der Bauverwaltung Muttenz) und sammelte dabei weitere wertvolle (Berufs-) Erfahrungen. Nach einem 4-monatigen Sprachaufenthalt in Canterbury, England startete ich 1982 mit dem Studium an der damaligen Vermessungsabteilung der Ingenieurschule beider Basel (IBB), welches ich 1985 erfolgreich abschloss.

    Einführung der Automatischen Datenregistrierung im Feld mit selbstentwickelter Software (1986)

    Danach fand ich problemlos eine erste Anstellung als Ingenieur und arbeitete für rund fünf Jahre bei der damaligen Firma Rohner, Jermann + Partner AG in Arlesheim, einem privaten Ingenieurbüro, das heute als Jermann Ingenieure + Geometer AG weit über die Region Nordwestschweiz hinaus bekannt ist. Diese Zeit war für mich sehr spannend, lehr- und abwechslungsreich. Ich konnte damals zusammen mit einem Studienfreund die Automatische Datenregistrierung im Feld und deren Weiterverarbeitung einführen, in verschiedenen Bau-, Quartier- und Landumlegungsverfahren mitwirken und nebst der Amtlichen Vermessung und dem Leitungskataster die Ingenieurvermessung etablieren.

    Doch dann, eines Tages, klingelte das Telefon und mein ehemaliger Professor fragte mich an, ob ich Interesse hätte, an der IBB für ein paar Jahre als Assistent zu arbeiten. Damals war Satellitenmessung mit dem Global Positioning System (GPS) die Revolution in der Messtechnik und er suchte einen Mitarbeitenden, der diese Technik für die Lehre, Praktika und Projekte aufarbeiten und anwenden konnte. Diese Chance packte ich beim Schopf, zumal mich nebst neuer Vermessungstechnologien auch die Pädagogik immer schon sehr interessierte, da ich zuvor schon als Lehrlingsbetreuer tätig war. Ich hatte also für zwei Jahre einen Anstellungsvertrag und dachte mir, «das mache ich jetzt mal eine Weile und dann schaue ich weiter …». Das war 1990.

    Die technische und methodische Entwicklung

    Erste GPS-Messung der FHNW in Schwanden b. Brienz, BE (1990)

    Am Anfang ging es vor allem darum, die Satellitenmessung in der Ausbildung zu etablieren. Über die Jahre wuchs das Thema aber immer weiter und die (Vermessungs-)Technik entwickelte sich allgemein rasant, sodass mein Anstellungsvertrag um weitere 3 Jahre verlängert und schlussendlich in eine Festanstellung zum damaligen Abteilungs-Ingenieur umgewandelt wurde. Meine Tätigkeit blieb für mich stets spannend, interessant und vielseitig – bis heute.

    In einer Ausbildungsinstitution zu arbeiten war etwas ganz anderes als die Arbeit in einem privaten Ingenieurbüro. Die nationalen und internationalen Kontakte (Studierenden- und Dozierendenaustausch sowie gemeinsame Projekte) nahmen stetig zu und waren immer sehr bereichernd und interessant. Und Insbesondere gefiel mir natürlich die Arbeit mit den Studierenden, ein Kontakt, den ich bis heute sehr schätze und sicher zukünftig vermissen werde.

    Zu Beginn meiner Zeit an der Hochschule gab es, neben zwei Professoren, eine einzige Person mit einer Festanstellung. Das war der Materialchef, der für die gesamten Gerätschaften zuständig war. Die beiden zusätzlichen Assistenzstellen – ein Assistent pro Professur, damals alle männlich – waren stets befristet. Mit der Zeit wurde erkannt, dass dieser sogenannte Mittelbau sehr wertvoll ist und bei Wechseln immer wieder viel Know-how und eine gewisse Stetigkeit verloren ging. Deshalb wurden unbefristete Stellen als Abteilungs-Ingenieur ausgeschrieben. Was 1990 mit einer Handvoll Personen begann, wuchs also immer weiter, bis zu unserem heutigen rund 25-köpfigen Team mit vielen verschiedenen Bereichen und Hintergründen.

    Fachliche Diskussionen mit Studierenden zur Vorbereitung einer Messkampagne (2009)

    Während in den 1990-er Jahren die Satellitenmesstechnik, die Geoinformationstechnologie und die digitale Photogrammetrie stark im Vordergrund standen, eröffneten um die Jahrtausendwende vor allem die rasante Verbreitung des Internets und die Mobile Kommunikation ungeahnte Möglichkeiten und veränderten viel, wenn nicht alles. Auf einmal waren Dinge möglich, von denen man sich davor nicht hätte vorstellen können, dass das jemals funktionieren könnte. Für mich persönlich war es immer wieder eine grosse Herausforderung, die Entwicklung neuer Technologien zu erkunden, sich in neue Themen einzuarbeiten, diese dann auch kompetent in die Lehre einzubringen und in Projekten anzuwenden. Man ist dadurch ständig damit konfrontiert, sich neues Wissen anzueignen, teilweise zu einem Zeitpunkt, wo man noch gar nicht weiss, wie genau das funktioniert; also mehr im Stil angewandter Forschung und Entwicklung. Das war einerseits sehr spannend, aber auch anspruchsvoll.

    Mein Herzthema über die Jahre war und ist die Geosensorik und dabei insbesondere die Satellitenmesstechnik, gepaart mit Ausgleichungsrechnung und geodätischer Statistik. Die Vorstellung, dass man mithilfe von Satelliten, welche rund 20'000 Km entfernt sind, den Standort eines Vermessungsgerätes auf wenige Millimeter genau berechnen kann, ist unglaublich und fasziniert mich noch heute. Am Anfang war das eine Vision, welche vom amerikanischen Militär getrieben war. Doch wurde daraus im Laufe der Zeit Realität. Heute sind nebst GPS drei weitere voneinander unabhängige Satellitensysteme nutzbar, das russische GLONASS, das chinesische Bei Dou und das europäische GALILEO.

    Arbeitsplatz am alten FHNW Campus (1995)

    Ich bin in einer analogen Welt aufgewachsen, habe den Übergang von der analogen in die digitale Welt mitgemacht und zähle damit zu den sogenannten Digital Immigrants – im Gegensatz zu unseren Studierenden, den Digital Natives. Beim Start des Studiums (1982) waren wir die erste Klasse, die das Fach «Hardware» und «Software» im Lehrplan hatte und den Umgang, u.a. das Programmieren, damit lernten. Computer waren damals in sich geschlossene Systeme, also ohne Vernetzung und mit relativ wenig Rechen- und Speicherleistung. Zu Beginn der Satellitenvermessung warteten wir 3-4 Stunden auf eine Basislinienberechnung. Heute geht das ein paar Sekunden. Und während es 1990 in der Schweiz vier geodätische Satellitenmessempfänger gab, kann man diese heute gar nicht mehr zählen. Jedes Smartphone funktioniert heute mit Satelliten und nutzt diese, wenn es darum geht, den Standort zu bestimmen und den richtigen Weg zu finden.

    Ausbildungs-Projekte

    Satellitenmessung im Bergsturzgebiet «Schwanderbärgli» (2003)

    Durch die verschiedenen Projekte, welche wir oft mit Studierenden zusammen durchgeführt haben, entstanden auch Kontakte mit Auftraggebenden, die zum Beispiel wissen wollten, ob sich jetzt da ein Berg bewegt und eine Gefahr darstellt. Ein Beispiel ist das Bergsturzgebiet «Schwanderbärgli» in der Gemeinde Schwanden bei Brienz im Kanton Bern. Nachdem es dort 1901 zu einem grösseren Bergsturz gekommen war, bei dem rund 1 Million Kubikmeter Berg ins Tal donnerten, hatte man verschiedene bauliche Massnahmen ergriffen, um die Bevölkerung zu schützen. In den 1980er Jahren wurden jedoch grössere Bewegungen beobachtet, die Anlass zu Besorgnis gaben. Die Hochschule beschloss 1990 auf Anfrage, das Bergsturzgebiet jährlich zu vermessen. Das Projekt ist mittlerweile vermutlich die längste Langzeitmessung eines Bergsturzgebietes in der Schweiz, bei dem ich von Anfang dabei war und dieses (mit)leiten durfte.

    Drei weitere Projekte haben mich nebst vielen anderen ebenfalls fast die ganze Zeit an der FHNW begleitet: das Projekt «Geländesenkungen Muttenz», das Projekt «Deformationsnetz Schlipf» in Riehen, BS und das Projekt «Grundlagen- und Deformationsmessungen Felslabor Mont Terri» in St. Ursanne. Im Rahmen solcher Projekte ergaben sich grossartige Zusammenarbeiten, welche für unser Institut und insbesondere für unsere Studierenden immer sehr lehrreich waren. Damit erhielten wir Einblicke in neue interessante Themen und konnten den schnellen technologischen und methodischen Wandel miteinfliessen lassen. Auch die Auftraggebenden profitierten davon, in dem sie relativ kostengünstig zu qualitativ sehr guten Resultaten und entsprechenden Erkenntnissen kamen – eine Win-win-Situation also.

    Gruppenfoto vom Feldkurs Felslabor Mont Terri, St. Ursanne (2017)

    Dankbarkeit und neue Freiheit

    Nun, nach 35 Jahren und 2 Monaten nehme ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied. Fehlen werden mir die Mitarbeitenden und insbesondere die Studierenden, aber auch die Projekte und Feldkurse, welche stets interessant waren und schöne Erlebnisse und Begegnungen mit sich brachten.

    Im Hinblick auf meinen neuen Lebensabschnitt freue ich mich auf die grössere Freiheit und die neu gewonnene Zeit, bei der ich noch am Überlegen bin, wie ich diese gestalten werde. Sicher werde ich mich meinen Hobbys wie z.B. das Musizieren vermehrt widmen. Natürlich steht dabei vor allem die Zeit mit meiner Frau, meinen vier Kindern und den Enkelkindern im Vordergrund, sowie Zeit für den Freundeskreis. Gerne bin in der Natur, wo ich vorzugsweise mit dem Rennvelo oder dem Mountainbike oder wandernd unterwegs bin, beispielsweise im Berner Oberland, in das mich viele Feldkurse mit dem Institut Geomatik geführt haben, oder auch an neuen Orten, welche es noch zu entdecken gilt. Nebst all den Vorhaben soll aber auch noch genügend Zeit für die Musse vorhanden sein, damit aus dem Ruhestand nicht ein Unruhestand wird.

    Zum Schluss möchte ich mich bei all denjenigen herzlich bedanken, mit denen ich zusammenarbeiten konnte und durfte, aber auch für die grosse Unterstützung, die ich immer wieder erfahren habe. Im Laufe all dieser Jahre habe ich viele Mitarbeitende der FHNW kennen und schätzen gelernt, und zwar aus verschiedensten Hochschulen und Instituten sowie den diversen Arbeitsbereichen. Vielen Dank euch allen!

    Weitere Stories

    In der Reihe «Erzähl mal…» geben Mitarbeitende und Studierende der Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW Einblicke in Projekte, Themen oder Gremien, die ihnen am Herz liegen. Bisher haben die folgenden Personen erzählt:

    Institut Geomatik

    Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik Institut Geomatik

    Hofackerstrasse 30

    4132 Muttenz